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Hubert Lesaar (1888 – 1963) – langjähriger Bürgermeister von Kamp-Lintfort
20.11.2012
Bürgermeister Hubert Lesaar im Jahr
1936
Der einer Rheinberger Handwerker- und Kleinhändlerfamilie entstammende Hubert Lesaar war von 1920 bis 1945 Bürgermeister der Rechtsvorgänger der Stadt Kamp-Lintfort. Im jetzt erschienenen Jahrbuch 2013 des Kreises Wesel findet der interessierte Leser einen Beitrag, der ausführlich auf den beruflichen Werdegang sowie auf die persönlichen und politischen Verhältnisse des langjährigen Bürgermeisters eingeht.
Hubert Lesaar besuchte die katholische Volksschule in Rheinberg und das Collegium Augustianum Gaesdonck in Goch, das er mit dem Zeugnis der Mittleren Reife verließ. Nach einer Tätigkeit im väterlichen Geschäft trat er 1907 „als Volontär auf 2 Jahre" in den Dienst der Stadt Rheinberg. Ende 1908 jedoch schied er auf eigenen Wunsch vorzeitig aus und setzte das Volontariat bei der Kreiskasse in Kempen und ab 1909 beim Kreis Moers fort, wo er sich als Bürohilfsarbeiter betätigte. 1911 trat der 23-jährige als Verwaltungssekretär in den Dienst des Bürgermeistereiverbandes Kamp, Hoerstgen und Vierquartieren. 1920 wurde er durch Erlass des Oberpräsidenten zum (kommissarischen) Bürgermeister bestellt.
Lesaar war bis dahin „politisch nicht hervorgetreten", jedoch von Anfang an politisch umstritten. Der Lintforter Gemeinderat forderte 1922 mehrheitlich sogar seine „sofortige Abberufung" sowie die Besetzung der Stelle mit einem Beamten, „der auch den Mut hat, die Republik und die Verfassung (...) zu schützen". Am 1. Mai 1933 schloss sich Lesaar, der bisher der Zentrums-Partei nahegestanden hatte, der NSDAP an. Später wird er angeben, sein Parteieintritt sei nur unter Androhung des Amtsverlustes zustande gekommen.
Das Amt des Bürgermeisters bekleidete Lesaar von 1920 bis zu seiner Entlassung 1945 durch die britische Militärregierung. „Lesaars Verhalten während der nationalsozialistischen Diktatur wurde 1945/48 sehr unterschiedlich beurteilt", meint Autor Dr. Albert Spitzner-Jahn, Angestellter im Kulturbüro der Stadt und Stadtarchivar. „Aus Sicht seiner politischen Gegner in SPD und KPD war er nach Kriegsende nicht mehr tragbar. Zum anderen gab es Fürsprecher, die zu Lesaar standen und die Entlassung als grobes Unrecht empfanden". Lesaar bat nunmehr, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden. Dem Pensionsgesuch wurde seitens der Gemeinde auf Grund der ärztlichen Gutachten entsprochen.
Bürgermeister a.D. Hubert Lesaar hatte als langjähriger Kommunalbeamter zunächst dem Kaiserreich, sodann der Weimarer Republik und dem NS-Regime und schließlich für einige Monate der amerikanischen und (ab Juni 1945) der britischen Militärregierung gedient. 1946 wurde er durch das örtliche Entnazifizierungskomitee politisch überprüft und „abgelehnt". Im Zuge der Überprüfung der Pensionsempfänger 1946/47 erfolgte sodann insbesondere wegen des „frühen Eintritts" in die NSDAP und die fördernde SS-Mitgliedschaft eine 33,3-prozentige Kürzung seiner Pensionsbezüge. Diese Entscheidung hob der Entnazifizierungs-Hauptausschuss für den Kreis Moers jedoch am 1948 auf Antrag Lesaars wieder auf. Nach Auffassung dieses Ausschusses war der frühere Bürgermeister trotz der festgestellten politischen Belastungen u.a. wegen der durch eine Zeugenaussage bestätigten „Unterstützung von jüdischen Hilfesuchenden" kein aktiver Nationalsozialist gewesen. Der Entnazifizierungs-Hauptausschuss erkannte im Ergebnis sogar „einen Widerstand gegen die NSDAP" sowie eine „nazifeindliche Grundhaltung". Damit war der Ruhestandsbeamte politisch rehabilitiert.
Hubert Lesaar war seit 1914 mit Margarethe (Grete) geb. Justus (1892 - 1962) verheiratet. Aus dieser Ehe gingen zwischen 1915 und 1927 sieben Kinder hervor. Drei der sechs Söhne kamen 1943/44 während des Zweiten Weltkrieges als Soldaten in Rumänien bzw. in Russland ums Leben. Mitte der 50er Jahre verzogen die Eheleute Lesaar von Kamp-Lintfort nach Ahlen/Westfalen, wo der Sohn Karl-Heinz zu dieser Zeit als Kaplan lebte. Hubert Lesaar verstarb 75-jährig 1963 in Ahlen und ruht neben seiner Frau auf dem katholischen Friedhof des Kamp-Lintforter Ortsteils Kamp.
(Presseinformation der Stadt Kamp-Lintfort vom 20.11.2012, www.kamp-lintfort.de)
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